FIA WTCR AFRIQUIA Race of Morocco
Der einzige Deutsche in der WTCR: Benjamin Leuchter

Benjamin Leuchter ist Rennfahrer mit Leib und Seele. In diesem Jahr startet der Duisburger mit einem Golf GTI TCR im WTCR – FIA Tourenwagen-Weltcup, der Königsklasse des Tourenwagen-Sports. Die enge Verbindung zu Volkswagen ist historisch gewachsen. Ein Porträt über einen Mann, der seinen Kindheitstraum lebt.

Für Benjamin Leuchter wird das Jahr 2019 die größte Herausforderung, der er sich jemals gestellt hat – zumindest sportlich. Leuchter, den alle nur „Benny“ rufen, ist in der Top-Liga des internationalen Motorsports angekommen. WTCR – FIA Tourenwagen-Weltcup. Mehr geht nicht für einen Tourenwagen-Fahrer. Sieben der 26 gemeldeten Fahrer haben bereits Titel unter dem Schirm des Automobilweltverbands FIA gewonnen. Das Starterfeld ist ohne Zweifel das stärkste aller Zeiten im Rennsport mit Dach über dem Kopf.

Vorfreude pur: Leuchter geht euphorisch in die Saison 2019.

Im vergangenen Jahr war Leuchter noch in der TCR Germany am Start. Nun heißt es an den Rennwochenenden Macau statt Most oder Suzuka statt Sachsenring. Beim Gedanken an die Saison 2019 sagt Leuchter mit einem breiten Lächeln: „Ich bin unglaublich dankbar, dabei zu sein.“ Der nur 1,65 Meter große Rennfahrer hat es geschafft, weil er daran geglaubt und es sich erarbeitet hat – hart erarbeitet. Ohne finanzielle Förderung. Vielleicht, oder gerade deshalb, hat der „Junge aus Duisburg“ den Bodenkontakt nie verloren.

„Mit sechs Jahren habe ich im Innenhof
die ersten Runden am Steuer eines Lkw gedreht.“

Sein Umfeld trägt seinen Teil dazu bei. Vater Reinhard Walther führt jahrzehntelang eine Autotransportfirma, die auf die Rückführung gestohlener Pkw aus dem Ausland spezialisiert ist. Mutter Angelika hilft im Büro der Spedition und ist Hausfrau. Benny entwickelt schnell eine Faszination für alles, was Räder hat. „Mit sechs Jahren habe ich im Innenhof die ersten Runden am Steuer eines Lkw gedreht“, blickt Leuchter zurück. Im selben Jahr bekommen seine Schwester Jasmin und er ein Cross-Motorrad von den Eltern. Zwei Jahre später folgt das erste Gokart. Der Weg zum Rennfahrer scheint geebnet.

 

Perfekte Schule: Benny startet seine Karriere wie viele Konkurrenten im Kart.

Mit 14 Jahren startet Leuchter durch

Bald darauf geht es auch zum ersten Mal auf die Rennstrecke. Zunächst tritt er im Kart-Slalom an. Benny ist mit Ehrgeiz bei der Sache, doch der Entschluss, Motorsport ernsthaft zu betreiben, reift erst einige Jahre später. Im Jahr 2001 beendet er sein erstes Kart-Rennen sensationell auf Rang zwei. Leuchter ist zu diesem Zeitpunkt 14 Jahre alt. Jetzt will er durchstarten. 2003 schafft er über einen Sichtungslehrgang von BMW den Sprung in das Juniorteam des Münchner Autobauers. Nur acht Nachwuchstalente werden gefördert. Europaweit. Einer davon ist Leuchter, ein anderer Sebastian Vettel. Mit dem Formel-1-Star schreibt sich Leuchter bis heute regelmäßig WhatsApp-Nachrichten.

Schneller als gedacht trennen sich die Wege der beiden deutschen Youngster. Während Vettel die Karriereleiter emporklettert, wird Leuchter bereits in seinem ersten Jahr im Automobil-Rennsport klar, dass eine Formel-Karriere für seine Familie finanziell nicht zu stemmen ist. Leuchter glaubt an sich, sucht Sponsoren und trifft einen Mann, der seine Karriere bis heute maßgeblich fördert und beeinflusst: Manfred Lauderbach. Der heutige Teamchef von Max Kruse Racing spricht klare Worte: „Setz dich in ein Auto mit Dach und du wirst Karriere machen.“

„Man muss in einem Team alles gemacht haben,
um wertschätzen zu können, was jeder Einzelne leistet.“

Leuchter will das nicht wahrhaben und macht erst einmal ein halbes Jahr Pause. Ende 2006 versucht er das Budget für eine Saison in der Formel 3 auf die Beine zu stellen, vergeblich. Aufgeben kommt für Leuchter jedoch nicht infrage. Er macht aus der Not eine Tugend und reist mit dem damaligen Team von Lauderbach mit. „Unter der Woche bin ich zur Schule gegangen, am Wochenende war ich bei den Rennen“, sagt Leuchter. „Ohne zu fahren.“ Er hilft dem Team, wo er kann: Tanken, Reifendruck messen, Datenauswertung … „Man muss in einem Team alles gemacht haben, um wertschätzen zu können, was jeder Einzelne leistet“, betont Leuchter. Dieser Satz sagt viel über ihn aus – als Rennfahrer, aber auch als Mensch.

Dass er in dieser Zeit die Schule weiter besucht und auch abschließt, verdankt er seiner Mutter Angelika. „Ich habe meine Sachen immer ernst genommen, bis auf die Schule“, gesteht Leuchter. „Motorsport war mir wichtig, aber meine Mutter hat Wert darauf gelegt, dass ich auch eine schulische Ausbildung habe.“ Leuchter macht Fachabitur mit einer Ausbildung als Maschinenbauer im technischen Bereich. Im Anschluss studiert er sechs Semester Maschinenbau an der FH Krefeld, legt dann aber eine Pause ein, da es zeitlich mit dem Motorsport nicht in Einklang zu bringen ist. „In dieser Zeit habe ich viele Dinge gelernt, die mir auch heute noch im Motorsport helfen“, sagt Leuchter. „Ich kann eine Drehbank bedienen und habe auch schon einige Ersatzteile selbst gedreht.“

 

Die gesteigerte Belastung im Motorsport ist darauf zurückzuführen, dass Leuchter doch auf den Rat von Manfred Lauderbach hört und sich in „Rennwagen mit Dach“ versucht. Er kommt auf Anhieb gut zurecht und erhält im Jahr 2008 einen Vertrag von Ford. „Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich mit dem Motorsport Geld verdient“, sagt Leuchter. Im März 2008 macht er zum ersten Mal Bekanntschaft mit einer Rennstrecke, die sein Leben verändert: die Nordschleife. In einem Ford Fiesta 1600 feiert er in der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring auf Anhieb den Klassensieg. „Das war einfach mega“, sprudelt es aus Leuchter heraus. „Die Nordschleife war genau die Herausforderung, die ich im Formelsport immer gesucht habe.“

 

Blickfang: Leuchters erstes eigenes Auto ist ein Golf 6 GTI.

 

Der Start bei Volkswagen im Jahr 2009

Es geht wieder aufwärts und 2009 ist ein, wenn nicht sogar das entscheidende Jahr für seine weitere Karriere bei und mit Volkswagen. Doch der Reihe nach. Benny möchte sich sein erstes eigenes Auto kaufen. Liest sich ein. Grübelt. Und entscheidet dann: ein Golf GTI soll es sein. „Ich hatte schon in jungen Jahren viele Berührungspunkte mit der Marke Volkswagen“, sagt Leuchter. Seine Mutter fährt seit jeher Volkswagen, zunächst einen Golf II GTI „Fire and Ice“, später einen Golf III VR6. Sein Onkel Siegfried begeistert beim GTI-Treffen am Wörthersee mit einem Golf II mit Koenig-Umbau – breiter, tiefer, stärker.

Leuchter hat es auf den Golf GTI der sechsten Generation abgesehen. Die Rücklagen sind überschaubar, doch Leuchter geht selbstbewusst zum Händler. Der empfiehlt ihm eine Bewerbung bei der Volkswagen Driving Experience, um das Auto finanzieren zu können. Gute Instruktoren würden dort nahezu immer gesucht. Leuchter zögert nicht und schickt seine Unterlagen umgehend ab. Wenig später wird er zu einer Sichtung eingeladen, überzeugt die Verantwortlichen, bekommt die Zusage und kauft im Anschluss den Golf GTI.

Bitte Ruhe: Benny als Instruktor bei der Volkswagen Driving Experience.

Von Tag eins ist Leuchter Feuer und Flamme für seinen Job bei der Driving Experience. Sportliche Trainings. Fahrsicherheitstrainings. Eco-Fahren. Offroad-Trainings. Technik-Seminare. Er will überall eingesetzt werden und so viel wie möglich lernen. „Bei der Driving Experience wurde ich richtig gut ausgebildet, habe Produktschulungen gemacht und bin IHK-zertifizierter Produkttrainer des Volkswagen Konzerns“, sagt Leuchter. In diesem Jahr feiert er sein 10-jähriges Dienstjubiläum.

Bei Volkswagen arbeitet er aber nicht nur für die Driving Experience. Er ist auch ab dem ersten Tag in das Entwicklungsprogramm für den neuen Golf GTI TCR eingebunden, als dieses 2015 startet. Bis heute war er an jedem zur Weiterentwicklung des Rennwagens abgehaltenen Wintertest beteiligt. Davon profitiert er auch auf der Rennstrecke. 2016 startet er in der TCR Germany und feiert mit dem Golf GTI TCR in seinem ersten Rennen gleich einen zweiten Platz. Es folgen weitere Erfolge in der TCR Germany, der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring und bei den 24h Nürburgring, darunter 2017 der TCR-Klassensieg beim Langstreckenklassiker auf der Nordschleife.

Die Rekordfahrt auf der Nordschleife: Leuchter mit dem Clubsport S.

Die Rekordfahrt auf der Nordschleife

Ein Datum ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass Leuchter zu dem wird, wie sie ihn bei Volkswagen gerne nennen: „Einer von uns“. Es ist der 20. April 2016, Schauplatz Nürburgring-Nordschleife. Leuchter soll einen neuen Rundenrekord für frontgetriebene Serienfahrzeuge aufstellen – mit dem Golf GTI Clubsport S. Der auf 400 Stück limitierte Sportwagen steht vor seiner Weltpremiere. Es ist nicht irgendein Rekordversuch. Es ist der Kampf gegen die Uhr auf einer der schwersten Rennstrecken der Welt. Leuchters Lieblingsrennstrecke. Monatelang hat man bei Volkswagen an der Abstimmung des Autos gearbeitet. Nun liegt es bei Leuchter, die hohen Erwartungen an den kompakten Sportwagen und ihn zu rechtfertigen. Eine Runde. 20,832 Kilometer. Fliegender Start. Die Zeit läuft. Bei 7:49,21 Minuten bleibt die Uhr stehen – neuer Rekord!

Mit Liebe zum Detail: Leuchters eigener Clubsport S hat die Produktionsnummer 001/400.

Seit der Rekordfahrt nennt Leuchter den Golf GTI Clubsport S mit der Produktionsnummer 001/400 sein Eigen. „Ich bin bis heute unglaublich stolz auf den Rekord“, sagt Leuchter, der seine eigene Bestzeit wenig später noch einmal um zwei Sekunden verbessert hat. Die schönste Erinnerung daran, der Golf GTI Clubsport S, steht warm und trocken in seiner Garage in Duisburg. Überhaupt, Duisburg. Von dort hat es den Rennfahrer nie weggezogen. Die Nähe zur Familie ist ihm wichtiger als alles andere. Mit seiner Schwester Jasmin, der „besten Schwester der Welt“, hat er im Schatten des Elternhauses eine Industriehalle gekauft und diese in den vergangenen vier Jahren mit viel Liebe zum Detail zu zwei Loft-Wohnungen umgebaut.

„Der Auftakt in Marrakesch wird sehr wichtig.“

Familienmensch: Benny mit Vater Reinhard Walther, Mutter Angelika und Schwester Jasmin (von links).

Auch wenn er selten zu Hause ist, schätzt er die Zeit dort sehr. „Die Familie steht für mich an erster Stelle“, sagt Leuchter. Direkt dahinter folgen der Motorsport und seine Tätigkeiten für Volkswagen. 2019 ist der Terminkalender prall gefüllt: Instruktor bei der Driving Experience, Abstimmungsfahrten der sportlichen R-Modelle. Und dann gibt es noch den Motorsport: Im vergangenen Jahr hat Leuchter zusammen mit dem Fußballprofi Max Kruse das Team Max Kruse Racing gegründet.

Zehn internationale Events, 30 Rennen: Leuchter und der Golf GTI TCR sind bereit.

2019 startet Leuchter zusammen mit Andreas Gülden in einem Golf GTI TCR in der VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring. Last but not least, die WTCR. Einmal in der höchsten Tourenwagen-Klasse an den Start gehen zu dürfen, bezeichnet Leuchter selbst als „Kindheitstraum“. Zehn internationale Stationen warten in der Saison auf ihn. „Der Auftakt in Marrakesch wird sehr wichtig“, sagt Leuchter. „Danach möchte ich mich von Rennen zu Rennen steigern und auf der Nordschleife eine Rolle bei den Podiumsplätzen spielen.“

Benjamin „Benny“ Leuchter hat hart dafür gearbeitet, sich der Herausforderung WTCR stellen zu dürfen. Nun wird sein Traum wahr.

BENNY LEUCHTER IN ZAHLEN

 

Text & Fotos: volkswagen-motorsport.com

[instagram-feed]

Motorsport-Karriere.de
Unsere Philosophie

Rennsport – eine Welt voller Emotionen, Begeisterung und Leidenschaft. Die Protagonisten – die Rennfahrer – bewegen sich in einer Welt zwischen Spitzenleistungen und Medien, zwischen Leistungsdruck und Sponsoren. Die Erwartungen und Anforderungen an einen Fahrer sind hoch, die daraus resultierenden Bedürfnisse eines Rennfahrers  noch weitaus höher.

Die Philosophie von Motorsport-Karriere ist genau auf diese Bedürfnisse abgestimmt. Ein individuelles Betreuungskonzept und eine professionelle sowie systematische Beratung ermöglichen hierbei die optimale Förderung des Fahrers. Eine kontinuierliche, konsequente und effiziente Karriereplanung ist das angestrebte Ziel.

Darüber hinaus kann sich der Fahrer in allen Lebenslagen beraten lassen und auf ein strategisches Netzwerk von ausgewählten Partnern zurückgreifen. Dem Fahrer soll dadurch ermöglicht werden, sich mit aller Kraft dem Rennsport und damit seinem Beruf zu widmen. Ganz nach dem Motto „Wir machen alles – nur fahren musst Du selbst!“

Im Vordergrund unserer Arbeit stehen immer die Interessen und Bedürfnisse des Fahrers sowie ein zuverlässiges und objektives Handeln. Hierbei ist uns ein vertrauensvolles und persönliches Verhältnis zu unseren Klienten sehr wichtig.

Gemeinsam mit dem Fahrer sowie seiner Familie und unseren fachlichen Qualifikationen möchten wir erfolgreich die Zukunft in der Welt des Rennsports gestalten.